„Canisius“ N-Modulanlage (mobil)

„Canisius“ – ein ungewöhnlicher Name für eine recht besondere Anlage, die ihren Weg zu uns in den MBC Lechfeld gefunden hat. Was steckt dahinter?

„Canisius“ ist zunächst einmal der Name einer katholischen Pfarrei im Augsburger Stadtteil Hochfeld. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dort das Augsburger Bahnbetriebswerk gebaut und somit war das „Hochfeld“ ein Eisenbahner-Wohnviertel. Der Pfarrherr der Kirche am Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre war selbst begeisterter Freund der Eisenbahn: der großen wie der kleinen. Allerdings ließ seine begrenzte Freizeit den Bau einer eigenen Modellbahn schwerlich zu. So kam ihm die Idee, eine Gruppe Interessierter zu sammeln, die den Bau einer Anlage stemmen konnte – und zwar im Keller des Pfarrhauses. Damit hatte der neue Club einen natürlichen Namen: „Modellbahn Club Canisius“, gegründet 1982.

Schnell entstand in wöchentlichen Bauabenden eine gut 12 qm große rechteckige Modellbahnanlage im Maßstab H0 1:87. Thema war eine (Mittel)Gebirgslandschaft mit mehrgleisigem Durchgangsbahnhof, gesteuert durch einen selbst gebauten sogenannten „SpDrS60“-Stelltisch. Man baute mit dem Märklin K-Gleis eine zweigleisige durchaus lange Hauptstrecke in Form eines verschlungenen „Hundeknochens“ samt 8-gleisigem Durchgangsbahnhof, Bahnbetriebswerk und Güterbereich. Abstell- und Zugwechselmöglichkeiten brachte ein mehrgleisiger Schattenbahnhof. Eine interessante, vielseitig bespielbare Anlage, die im regen Gebrauch der Mitglieder war und sich bewährte.

In einem Nebenraum des Modellbahnkellers richtete man sich einen gemütlichen Clubraum ein. Selbst die Pfarrei – neben dem Pfarrer mit seinen persönlichen Mitteln – unterstützte und förderte den jungen Club, und man konnte sogar öffentliche Schautage veranstalten. Ebenso nahm man teil an Ausstellungen bei Nachbarvereinen – was dem Club Bekanntheit, personellen Zulauf und – nicht unwichtig – auch weitere Einnahmen brachte.

Als der modellbahnbegeisterte Pfarrherr dann Anfang der 90er Jahre seinen Dienstort wechselte, begannen unsichere Zeiten für den Club im Keller des Pfarrhauses. Nicht jeder Geistliche ist halt einem weltlichen Hobby wie Modellbahn zugeneigt. Diese Phase konnte aber glücklicherweise bewältigt werden. Neuer Mut und neuer Enthusiasmus wurden entfacht und gipfelten in der Konzeption einer neuen Anlage im kleineren Maßstab N 1:160. Grund dafür war eine bessere Transportierbarkeit zu Ausstellungen. Man kam deshalb zur sogenannten „Modulbauweise“ nach einer international bekannten Norm für Größe und Zusammenschluss der Module; Modellbahnbewanderte kennen dies als FREMO-Norm. 21 einzelne, 40x120cm große Holzkästen („Module“ in gleichartiger Rechteckform oder als  abgewinkelte Kästen für Kurven und Bögen) konnten – in gewissem Umfang variabel – aneinander angeschlossen werden und ergaben so eine interessante, sich quasi windende oder in sich verschlungene „Schlange“ einer langen Modellbahnstrecke auf einer Fläche von 40 qm. Damit war sie sehr gut tauglich für mobile Verwendung und Aufstellung in großen Hallen oder Sälen; und der Aufbau konnte relativ rasch voll funktionsfähig in ca 3 Arbeitsstunden umgesetzt werden (der Abbau geht schneller 😊).

Akkurat gestaltete Motive u.a. des originalen Bahnhofes Mering in den 1990er Jahren, einer Fabrik, sogar eines Hafens und einer lieblichen, mit vielen hübschen Natur- und Personen-Details versehenen Landschaft begeisterten seither nicht nur die Erbauer im Club, sondern ungezählte kleine und große Zuschauer bei Ausstellungen. Zwischendrin wurden die Module einzeln sauber und sicher gelagert in einem weiteren Kellerraum der Gebäudlichkeiten von St. Canisius in Augsburg-Hochfeld.

Natürlich entstanden im Laufe der Jahre auch kleinere Projekte wie eine Kofferanlage in der Minigröße „Spur Z“ (Maßstab 1:220, genannt nach dem Hersteller Märklin miniclub), oder ein Diorama als Nachstellung eines Eisenbahnunglücks in Tauberfeld bei Ingolstadt im Jahr 1981.

Leider verzeichnete der Club aber speziell seit den 10er Jahren des 21. Jahrhunderts immer wieder (natürliche) Verluste verdienter engagierter Mitglieder. Es kam wie es oft kommt in der Vereinslandschaft heutiger Zeit: man musste sich die Frage nach (un)möglicher Zukunft des Clubs stellen. Damit waren natürlich leider auch die Anlagen, Fahrzeuge und sonstiges Material des Vereins einer gewissen Unsicherheit ausgesetzt.

Dazu kam, dass die Pfarrgemeinde nun doch immer mehr ihr Immobilienkonzept überdenken musste, und dadurch in den Kellerräumen keine Zukunft mehr gegeben war. Daher musste z.B. die H0-Anlage abgebaut und weggegeben werden, während die Module der N-Anlage zuletzt für ca 2 Jahre in einer Räumlichkeit auf dem Universitätsgelände Unterschlupf fanden. Sie waren nun insgesamt 8 Jahre nicht mehr in Betrieb gewesen und einzelne Elemente hatte man in der Zwischenzeit auch ein wenig umgebaut – aber im Grunde war es bis vor kurzem ein stiller „Dornröschenschlaf“ – wofür so eine schöne Modellbahn natürlich nicht gedacht ist.

2023/24 war der Mitgliederbestand des Vereins nun derart gering geworden, dass die Verbliebenen (zumeist hatten sie sich zusätzlich in anderen Vereinen im Umland aktivere neue Hobby-Umgebungen gesucht, wie z.B. in unserem Lechfelder Verein) sich schweren Herzens entschlossen, die Club-Auflösung anzugehen.

Erfreulicherweise ermöglichte die erfolgte kleine personelle Schnittmenge von MBC-Lechfeld und MBC Canisius dann die Idee, die 21 Module der N-Anlage in die Obhut und Pflege eines aktiven, engagierten Vereins mit sehr guter Mitgliederstruktur zu überstellen, um sie zu erhalten. Im April 2024 war es dann soweit: wir Lechfelder Modellbahner holten die Module in der Universitäts-Räumlichkeit ab und lagerten sie in unseren Clubräumen. Selbstverständlich zur baldigen Verwendung unter Restaurierung des Nötigen, Aktualisierung des Elektr(on)ischen und intensiven Einarbeiten in Aufbau und Steuerung.

Unser Ziel ist es, den „Geist von Canisius“ zu erhalten: dies bedeutet, die Anlage in Würdigung der Leistung des Herstellervereins zu hegen und zu pflegen, und somit wenigstens einen (nicht unbedeutenden) Teil der Geschichte des nun ehemaligen „Modellbahn Club Canisius Augsburg“ lebendig zu halten und somit diesen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Dieser Verpflichtung stellen wir uns gerne, und unsere Mitglieder (und ehemalige „Canisianer“) Holger Haug, Max Jünger, und Peter Breit sind engagiert dabei; sie werden von allen anderen „Lechfeldern“ intensiv unterstützt…

… und damit schließt sich der Kreis auch vom Namen der Anlage her: „Canisius-Anlage“ schien uns von Anfang an schlüssig und angemessen für diese mobile N-Modulanlage, die sicher in der Zukunft auch bei uns sowohl in Ausstellungen als auch im Vereinsfahrbetrieb Begeisterung und Freude bringen wird.

Wer weiß, welche früheren Ausstellungsbesucher, oder auch Angehörige von Canisius-Clubmitgliedern der Anlage in unserem Umfeld irgendwann einmal wieder begegnen werden und sich daran erfreuen können – nebst angenehmer Erinnerung an die „guten alten Canisius-Zeiten“…